Divina Insidia

Storymeeting in Paris. Intern bekannt als „The Paris Pitch“.

Klotzen statt kleckern: mit der eigenes dafür erworbenen Stretch-Limo unterwegs auf der Croisette während der Filmfestspiele in Cannes

Erster Entwurf des Storyboards

Produktion: B-Side Films GmbH

Ein Insider-Thriller über die Hintermänner der internationalen Finanzkrise
Böse und atemberaubend

Making of

Im Sommer 2012 erwarb der Hedgefondsmanager Adam Lemmer die Filmrechte an einem Roman von Pascal Roussel, einem Bankier bei der Europäischen Investment Bank in Luxemburg: Divina Insidia: The Divine Trap. Darin wird die Geschichte erzählt, dass die mächtigen Familien der Welt mithilfe von Großbanken ein Kartell bilden, um die Gesellschaft vermittels eskalierender Finanzkrisen ins Chaos zu stürzen. Ihr Ziel ist nicht, die Macht an sich zu reißen, sondern die Herrschaft Satans zu errichten, dem sie seit Jahrtausenden heimlich huldigen. Banker als machtgierige Satanisten. Roussels Chef war sicher begeistert, als er das Werk gelesen hat.

Auf verschlungenen Wegen kam die sympathische kleine Hamburger Produktionsfirma B-Side Films zu dem Auftrag, aus dem Roman einen drehfertigen Film zu entwickeln und diesen am besten auch zu drehen. Auf ebenso verschlungenen Wegen wurde ich zu einem Drehbuch-Pitch eingeladen und bekam das Ding zu lesen. Es war eines der holprigsten Stücke Literatur, das ich je gelesen habe. Eine Verschwörungstheorie mangels Belegen als Roman getarnt und unglaublich ungelenk erzählt. Im wesentlichen besteht das Werk aus drei langen Vorträgen die ein mächtiger „Insider“ einer jungen Journalistin hält. Wie es sich für das Genre gehört, wird darin die große Meta-Verschwörungstheorie ausgebreitet, vom christlichen Zinsverbot über Adam Weishaupts Illuminaten, die Bilderberger, 9/11, die UNO, die Tempelritter, Rothschilds und Rockefellers, alles war vertreten, was im Genre Rang und Namen hat. Der ideale Job für jemanden wie mich, der gut im Strukturieren ist und zudem die Welt der Verschwörungstheorien für anderen Projekte schon einmal rauf und runter durchdekliniert hat.

Freitag bekam ich den Roman, Montag hatte ich mein Konzept fertig, zwei Tage später traf ich zum ersten Mal auf Adam: im Hof eines feinen Hotels am Ku’damm. Ich reichlich nervös, er im roten Samtanzug mit beeindruckend großer roter Visitenkarte, die ihn als Mitglied des Maltetischen Templerordens, sowie diverser international tätiger Finanzfirmen auswies, umgeben von einer nicht minder beeindruckenden Entourage bestehend aus seiner Frau, vier Kindern, zwei Nannies, zwei Fahrern, Bodyguard und Anwalt. Nachdem er fast zwei Stunden ohne Punkt und Komma über die finstere Welt der großen Weltverschwörung referiert hatte und ich in der Lage war, jeweils die richtigen Stichworte zu liefern, hatte ich den Job.

Es begann eine unglaubliche Tour de force: nachdem wir Roussels Segen bekommen hatten, musste ich binnen kürzester Zeit den Wust an Verschwörungstheorien in eine spannende Story umarbeiten, schließlich wollte man nicht mehr und nicht weniger, als einen international vermarktbaren Thriller entwickeln. Adam hatte zwar noch nie zuvor einen Film gemacht – aber offenbar verfügte er über das nötige Kleingeld, um die Entwicklung und Vorproduktion ohne öffentliche Gelder zu stemmen.

Sobald die erste Rate bezahlt war, trat er mächtig auf’s Gas. Im Abstand von drei Wochen hatte ich Fassungen abzuliefern. Drei Wochen für’s Exposé, drei Wochen für’s Treatment, drei Wochen für die ersten Drehbuchfassung. Nachdem ich mir drei Wochen lang die Finger blutig geschrieben hatte, wurde aber keine Telefonkonferenz einberufen. Nein. Wir wurden einberufen. Und zwar immer dorthin, wo Adam mit seinem Tross gerade weilte, um Business-Meetings abzuhalten, selbstverständlich jeweils im größten Hotel am Platze.

In diesem High-Speed entstand die erste Fassung, sie wurde noch schneller auf Englisch übersetzt, da man auf dem internationalen Parkett nach Topregisseuren suchte. Nach den ersten Absagen wurde jedoch dieser Plan wieder fallen gelassen und ein deutscher Regisseur mit internationaler Erfahrung gefunden, eine zweite Fassung wurde beautragt, wieder auf Englisch übersetzt, da man nun international nach Schauspielern suchte. Allmählich wurde klar, dass Adam das Budget nicht würde stemmen können, also wurde eine aufwendige Broschüre sowie ein Verkaufs-Trailer für die Finanzierung erstellt.

Die Vorproduktion lief gerade auf Hochtouren, Location-Scouting, Casting und Storyboarding wurde vorbereitet, als eine Bombe in unsere kleine Runde platzte, die das Projekt von jetzt auf gleich zum Stehen brachte: Adam war m Auftrag von Interpol von der italienischen Polizei auf Malta verhaftet wurde, die ihm seit Monaten auf den Fersen gewesen waren. Es war echtes Geld in das Projekt geflossen, doch dieses Geld stammte aus unsauberen Finanzgeschäften. Offenbar waren all die ominösen Firmen, die zu führen er vorgegeben hatte, die Anwälte, Prokuristen, Vermögensverwalter, die Parties mit prominenten Gästen und das ganze breitspurige Auftreten nur Blendwerk für ein gewaltiges Pyramidensystem gewesen, das immer neue Gelder brauchte, um die nicht vorhandenen Gewinne der bisherigen Teilnehmer zu generieren. Selbst die Malteser Tempelritter konnten ihm nun nicht mehr helfen.

Das realste, was dieses System hervorgebracht hatte, war ein fiktives Drehbuch gewesen, aus dem nun leider kein Film mehr wurde. Schade um das schöne Projekt. Das war eine wunderbar durchgeknallte, verrückte, bizarre Zeit.

Leseproben aus dem Drehbuch schicke ich auf Wunsch gerne.