Sharing is caring

In den 10 Jahren, in denen ich als Regisseur Werbung gedreht habe, war „Der Kunde“ stets das unbekannte Wesen. In der Werbewelt findet der Kontakt mit dem Kunden nur in „guided tours“ durch die Werbeagentur statt, die dem Kunden bereits ein fertiges Konzept verkauft hat und alles vermeiden möchte, auch nur ein Jota dieses mühsam erstellten Konzepts wieder in Frage zu stellen. Diese Angst ist so groß, dass vor dem alles entscheidenden Treffen vor dem Dreh, dem „Pre Production Meeting“ kurz PPM, in dem Agentur, Produktionsfirma und der Regisseur mit dem Kunden alles final abstimmen, ein Pre-PPM ohne den Kunden veranstaltet wird, um das PPM als perfekte Show für den Kunden vorzubereiten. Je wichtiger der Kunde, desto ausführlicher die Vorbereitung und so hatte ich bei einem Dreh für McDonald’s schließlich drei Pre-PPMs, mit dem Erfolg, dass sich der Kunde im Haupt-PPM beschwert hat, dass er über nichts mehr entscheiden konnte.

Als sich letzten Herbst unser Kleiner auf dem Weg gemacht hat und ich gerne einen festen Job wollte, um – zumindest in der ersten Zeit – etwas mehr Ruhe in den unruhigen Haushalt zu bringen, habe ich anfangen, mich als Copywriter zu bewerben. Aber nicht für Werbeagenturen – sondern direkt bei der Industrie, beim sagenumwobenen „Kunden“. Meine erste Bewerbung ging an Free2Move, einem Berliner Unternehmen, das sich zur Aufgabe gesetzt hat, den fragmentierten und vielfältigen Markt für Carsharing aufzuräumen und jedermann einfachen Zugang zu allen Carsharing Fahrzeugen in seiner Umgebung zu bieten.

Seit sich mein geliebter Volvo 480 mit einem veritablen Motorschaden aus dem Diesseits verabschiedet hat und auf dem Rasthof Frankenwald vom ADAC in die ewigen Volvo-Jagdgründe befördert wurde, hatten wir kein Auto mehr und begannen langsam, das Berliner Carsharing-Angebot für uns zu erobern und stellten fest, dass das Angebot so riesig, wie unübersichtlich ist. Richtig neugierig geworden war ich im Sommer, als plötzlich überall in der Stadt die elektrischen Roller von COUP aufgetaucht sind, die seitdem überall bei uns im Viertel herumzischen. Lautlose Roller, die keinen Dreck ausstoßen, zudem wahnsinnig Spaß machen, auf die man spontan aufsteigen und sie an der Ecke abstellen kann, an der man seine Fahrt beendet hat – gut für die Umwelt, gut für das Viertel, gut für dich. Wenn das mal keine überzeugende neue Technologie ist! Zum Zeitpunkt meines Vorstellungsgesprächs bei Free2Move hatten sich über 20 verschiedene Carsharing Apps auf meinem Handy angesammelt und ich war von der Idee längst angefixt. Und nachdem die Free2Mover bisher alles selbst geschrieben hatten, suchten sie dringend jemand mit einem Background im Storytellung und in der Werbung, der das für sie erledigt. Schon bei unserem ersten Gespräch waren wir uns sehr sympathisch und im September ging’s los.

Über die nächsten 8 Monate habe ich für Free2Move schließlich alle Texte geschrieben. Von CRM-Kampagnen in Deutsch & Englisch, Werbekampagnen, social media content für Google, Facebook & Twitter, Teamstories für Instagram bis zu allen Texten in der App, den App Stores, der Website, Pressemitteilungen, alles. Ich habe alle neuen Texte geschrieben und dazu die alten poliert und auf den aktuellen Stand gebracht. So viel geschrieben wie in diesen 8 Monaten habe ich noch nie und obowhl ich nicht dazu gekommen bin, auch nur eine einzige Zeile an einem Drehbuch zu schreiben, bin ich jeden Morgen gern ins Büro gegangen. Das Team war großartig und nach all den Jahren, die ich hier alleine am Schreibtisch vor mich hin geschrieben habe, habe ich die Zusammenarbeit mit den Code-Wizards und Marketing-Profis sehr genossen. Die App ist übrigens super. Gibt’s für iOS und Android.